Ein Hexenprozess in Tettnang
Ärger als der schwarze Tod herschte zu einer Zeit die Pest der Hexenprozesse. Auch am Bodensee, wie im vorigen Hefte aus Bregenz berichtet worden, starben eine Menge Männer und besonders Weibspersonen, als Opfer des gräßlichen Aberglaubens unter den Händen kleiner und grosser Juristen. Ein Jesuit hatte zuerst den Mut gegen die Hexenverfolgungen in katholischen und protestantischen Ländern aufzutreten;es war der Dichter P.Friedrich Spee.
Er sagte in seiner Cautio criminalis: „Hunderte von Unglücklichen habe ich zu Tode führen müßen, den Ihnen der Wahnsinn der Hexenverfolgungen bereitete; ich schwöre feierlich, von den vielen, welche ich wegen angeblicher Hexerei zum Scheiterhaufen führte, war keine einzige, von der man, alles genau erwogen, hätte sagen können, dass sie schuldig gewesen; nicht länger kann ich, nicht länger darf ich das Leid verschweigen, das ich empfinde bei solchen Mordthaten.“
Ein halbes Jahrhundert nach ihm (1704) trat der protestantische Professor Thomasius in gleicher Weise auf und schrieb gegen die schauerlichen Vorkommnisse.
Diese Prozesse sind alle nach der gleichen Schablone in Szene gesetzt; wer einen kennt, der kennt die anderen auch. Anklage, Bekenntnis, Widerruf, Tortur, wiederholtes Bekenntnis, Urteil und Exekutive gleichen sich überall. Was das folgende Blatt bringt, bietet deshalb nichts Neues; es ist nur die Mitteilung einer bisher unbekannten Thatsache menschlicher Verwirrung, die vor mehr als 250 Jahren auf unserem Boden stattgefunden hat.
Vor ca. 370 Jahren soll in Tettnang ein Weib gelebt haben, der nachgesagt wurde Sie sei vom Satan besessen, und vom Volke als Hexe bezüchtigt und als solche auch verfolgt wurde. In den Diensten welche Sie suchte, wurde Sie deswegen und wegen ihrer Bosheit bald wieder entlassen.